Krisen PR - in guten wie in schlechten Zeiten richtig kommunizieren

Eine kleine Aufzugfahrt mit Silvia Grünberger, Managing Partner von ROSAM.GRÜNBERGER | Change Communications und Expertin für strategische Kommunikation und Public Affairs.


Silvia Grünberger
CK: Was ist im Krisenfall PR- und kommunikationstechnisch für Unternehmen zu beachten?

Silvia Grünberger: Krisen haben unterschiedliche Ursachen: Naturkatastrophen und Unfälle passieren meist unvorhersehbar und unverschuldet. Kriminalität, Streiks, Produktrückrufe oder Hackerangriffe sind oft die Folge von mangelnden Vorkehrungsmaßnahmen und schlichtem Fehlverhalten. Und in Zeiten von Social Media reichen auch schon ungeschickte Statements oder gestreute Halbwahrheiten, um eine Krise und den damit verbundenen Shitstorm auszulösen. In jedem Fall können Krisen einer Person, dem Management sowie einem gesamten Unternehmen sehr rasch großen Schaden zufügen.

Schlechtes Krisenmanagement und falsche Krisenkommunikation können dem Ruf eines Unternehmens jedoch nicht nur schaden, sondern ihn nachhaltig zerstören. Fakt ist, dass im Chaos die größten Kommunikationsfehler passieren: Niemand hat den Überblick, für die Schadensbegrenzung wichtige Personen werden vergessen, Medienanfragen bleiben unbeantwortet, und genau dadurch werden dann diffuse Gerüchte transportiert.

Das alles sind jedoch Dinge, die man mit einem umfassenden Krisenplan vorbeugen kann. Vorab wird festgelegt, was bei einem Notfall zu passieren hat. Ein ganz konkreter Plan, der vorgibt, wer zu verständigen ist, Anweisungen für entsprechendes Verhalten gibt und vor allem auch die richtigen Maßnahmen gegenüber Medien und anderen wesentlichen Gruppen der Öffentlichkeit definiert. Kommunikationsverantwortliche müssen auf dieser „Emergency List“ natürlich ganz oben stehen, denn sie sind das wichtigste Bindeglied zwischen intern und extern und koordinieren den Kommunikationsprozess. Wer in guten Zeiten verschiedenste Problemstellungen diskutiert und sich darauf vorbereitet, hat für den Ernstfall schon viel gewonnen.

Entscheidend sind die ersten Stunden. Alle Krisen haben zur Bewältigung ein „window of opportunity“ von 45 Minuten bis 24 Stunden. Die Medien sehen sich in der Informationspflicht und sind daher darauf bedacht, sofort und vollständig benachrichtigt zu werden.

Auch wie darauf zu reagieren ist, sollte geübt werden, denn es entspricht weitestgehend keinem gewöhnlichen Reaktionsmuster: Es muss sofort Rede und Antwort gestanden werden, auch wenn die gesicherten Fakten noch gar nicht vorliegen. Dann ist es wichtig zu betonen, dass alle Auskünfte nur vorläufig sind. Auf eine Pressekonferenz zu einem späteren Zeitpunkt kann verwiesen werden. Mögliche Komplikationen und Gefahren gehören aufgezeigt und dürfen keinesfalls verharmlost werden. Hinweise, wie man sich gegen potenzielle Gefahrenpunkte schützen kann, sind gegebenenfalls zu ergänzen. Damit riskiert man zwar größere Schlagzeilen, aber langfristig ist es besser, zunächst mehr Alarm zu schlagen und dann schrittweise Entwarnung zu geben. Wer anfänglich mauert, verschiebt den Höhepunkt der kritischen Berichte nach hinten, ist dieser schwierigen Phase dadurch aber umso länger ausgesetzt.

Bei nationalen Katastrophen braucht es betonte Gesten und zwei wesentliche Botschaften, die es so rasch als möglich der Öffentlichkeit zu vermitteln gilt:

1. Alle Verantwortlichen fühlen sich betroffen und zuständig. Schuldzuweisungen sind dabei vollkommen zu unterlassen. Die Unternehmensleitung befasst sich persönlich mit dieser Situation.
2. Die Führungsspitze hat die notwendigen Entscheidungen zur Lösung getroffen. Bei ihr liegt die Kompetenz für die erforderlichen Untersuchungen und Maßnahmen.

Mit diesen Botschaften bleiben die Verantwortlichen auch in Folge zentrale Auskunftsstellen für Medien. Zu überlegen ist darüber hinaus die sofortige Reise der Firmenchefs bzw. höchsten Repräsentanten an den Unglücksort. Wenn eine Institution mit öffentlichkeitsrelevanten Problemen konfrontiert ist, braucht sie natürlich professionelle Krisen-PR. Vor allem dann, wenn sie bisher gar keine konzeptive Öffentlichkeitsarbeit betrieben hat. Besser ist es allerdings, bereits im Vorfeld in effiziente Public Relations zu investieren. Denn Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei den wichtigsten Dialoggruppen sind ein wichtiges Fundament, um langfristigen Imageschäden standzuhalten.